Wednesday, April 18, 2007

Strategien für Messegesellschaften

Die letzte Woche war geprägt durch die Vorbereitung auf einen Strategieworkshop für eine bedeutende Messegesellschaft. Interessant aber anspruchsvoll zugleich.

Es hat sich bezüglich der Rahmenbedingungen viel verändert in den letzten Jahren. Wo die Zukunft hinführen wird ist nicht einfach zu beurteilen. Es liegen heute im Internet derart viele Informationen vor, dass die reine Informationsfunktion für eine Messeveranstaltung an Bedeutung verliert. Das heisst, dort wo es den Ausstellern in der Vergangenheit in erster Linie um die Informationsübermittlung ging, da überlegt sich zwischenzeitlich doch das eine oder andere Unternehmen, ob eine Präsenz noch zwingend erforderlich ist (Typisch ist hier die CEBIT). Dort wo der persönliche Kontakt zwischen Anbietern und Nachfragern wichtig ist, dort weist die Messeveranstaltung immer noch Trümpfe auf, welche ein anderes Medium kaum anbieten kann.

Wie auch in anderen Bereichen stellt sich heute auch für eine Messegesellschaft die Grundsatzfrage, ob man sich in erster Linie
  • als Anbieter einer qualifizierten Messeinfrastruktur
  • oder als Gesellschaft mit einem umfassenden Servicepaket
profilieren will.

Betrachtet man die finanziellen Ergebnisse der einzelnen Gesellschaften, so lässt sich unschwer ableiten, dass alle, welche sich hier nicht um eine konsequente Grundausrichtung bemühen, ergebnismässig Probleme haben. Dies selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Messewesen mit ungleich langen Spiessen gefochten wird, da die öffentliche Hand die verschiedenen Messeplätze mit Krediten zu Vorzugskonditionen ganz unterschiedlich unterstützt.

Mit der Strategie schlank und rank kann man durchaus erfolgreich sein. Dies für den Fall, dass die erforderlichen Services von den Ausstellern problemlos und in einer guten Qualität bezogen werden können. Die Verlockung ist für einen Messeplatz gross, einen Teil der geforderten Services selbst zu erbringen und einen anderen Teil den spezialisierten Dienstleistern zu überlassen. Also, das was selbst qualitativ gut angeboten werden kann, das bietet man selbst an - was sich mit den vorhandenen Kompetenzen nur schwer erledigen lässt, da vermittelt man die entsprechenden Dienstleister.

Auf den ersten Blick drängt sich eine solche Grundstrategie geradezu auf. Sie wird aber nur dann funktionieren, wenn man die Dienstleister in das Netzwerk des Messeplatzes voll integriert und selbst aktiv um Qualitätssicherungsmassnahmen bemüht ist. Nimmt man führungsmässig die entsprechenden Aufgaben
nicht genügend wahr, so trägt eine solche Strategie kaum.

Der Umfang und die Vielfalt der erforderlichen Services ist heute derart umfangreich geworden, dass hier eine Messegesellschaft schon sehr gefordert ist, will sie einen Grossteil in Eigenregie erbringen. Zudem ergibt sich schnell einmal ein Fixkostenproblem. Tritt man mit den eigenen Services zudem zusätzlich noch auf dem freien Markt auf, so konkurrenziert man damit potentielle Kunden, was sich auch kontraproduktiv auswirken kann.

Es ist hier demnach viel Fingerspitzengefühl und eine gute Kommunikation erforderlich, will man den richtigen Weg finden. Das heisst demzufolge eine geradezu idealtypische Aufgabe einer guten Strategie, das richtige Wie zu finden.

Morgenröte für Tageszeitungen

Ich dokumentiere die Ergebnisse eines zweitägigen Workshops mit der Geschäftsleitung eines Tageszeitungsverlages. Es zeichnen sich daraus durchaus positive Ergebnisse ab. Grösstes Problem für die Dokumentation stellt für mich diesmal das Entziffern meiner stenografischen Aufzeichnungen dar. Sie weisen eine derartig persönliche Komponente auf, dass mir hier niemand anders helfen kann...

Die Historie

Es sind schon zehn Jahre ins Land gegangen, seit ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine vielbeachtete 12-teilige Artikelserie unter dem Titel „Multimedia für Manager“ publiziert habe, welche danach ihren Niederschlag im Fachbuch „Unternehmen im multimedialen Umfeld“ gefunden hat. Seither habe ich mit den Führungskräften vieler Unternehmen Strategien entwickelt, welche den Herausforderungen des Internet möglichst gut gerecht werden sollten. Ich habe es immer leicht schmunzelnd zur Kenntnis genommen: Im Allgemeinen war man überrascht , wie zurückhaltend ich gegenüber einer breiten Offensive im Bereich Internet gestimmt war. Von mir als Fachbuchautor im Bereich Internet hatte man eine andere Grundhaltung erwartet.

Im Nachhinein war man mir aber für meine vorsichtige Grundhaltung gegenüber virtuellen Lösungen dankbar. Es konnten Fehlinvestitionen vermieden werden. Man war mit pragmatisch konzipierten Lösungen voll dabei, hat wertvolle Erfahrungen sammeln können, sich kulturell weiterentwickelt. Und vor allem – der Preis dafür war vernünftig. In Einzelfällen gab es auch grosse finanzielle Erfolge. Start ups wurden für viel Geld von Grosskonzernen übernommen.

Mir war immer klar, dass insbesondere im Bereich der Tageszeitungen die zur Diskussion stehenden Online-Versionen keine Grundlage für ein gewinnträchtiges Geschäft darstellen konnten. Dieses spiegelbildliche Abbild vom Print-Medium – das konnte es nicht sein. Hier waren die suchmaschinenorientierten Lösungen überlegen.

In vielen Fällen ging es auch um ein Notdispositiv der Verlage, welche die entwicklung verschlafen hatten. Es musste schliesslich noch etwas getan werden... Alles konnte man ja als Verleger nicht ohne Gegenreaktionen nicht über sich ergehen lassen. Bei einer sachlichen Betrachtung als Tageszeitungsverleger wurde man aber gewahr, dass man mit Ausnahme der Pendlerzeitungen über keinen Wachstumstreiber im Sortiment hatte. Leider – nicht zu verkennen war in dem Zusammenhang, dass man sich mit diesen Verlagsobjekten in Teilbereichen selbst konkurrenzierte.

Morgenröte für Tageszeitungen generell

Nun sind aber Technologien verfügbar, welche den Tageszeitungen wieder neue Optionen eröffnen. Man kann mit virtuellen Lösungen in die Gassen hinuntersteigen, die Ladenlokale betreten, ein Kino, Theater oder sonst ein Event besuchen. Man kann durch die Regale wandern, sich ein Produkt herausnehmen, es sich von allen Seiten ansehen...

Und bei diesen Gelegenheiten kommen plötzlich die Grenzen der virtuellen Möglichkeiten zum Ausdruck. Irgendwie und irgendwann kommt plötzlich das Bedürfnis nach dem Handfesten wieder zum Vorschein. Man will greifen können... Entscheidungsprozesse – das Ja – gehen besser vonstatten, wenn man das Objekt seiner Begierde in Händen halten kann... Was ist in einer derartigen Konstellation besser geeignet als ein Print-Medium in Händen halten zu können. Gerade im Bereich der ansonsten schon abstrakten (Finanz-)Dienstleistungen ein ganz wichtiger, wenn nicht der entscheidende Faktor....

Wir sind anlässlich unseres Workshop Rubrik um Rubrik durchgegangen und haben gemeinsam antizipiert, welche Dienstleistungen für virtuelle Online-Services dem Nutzer zweckmässigerweise verfügbar gemacht werden müssen, damit er sich nicht alleingelassen fühlt. Und bei diesen Betrachtungen sind wir durchaus zu interessanten Perspektiven für die schon tot geglaubten Print-Versionen und vor allem auch zu ganz neuen wertschöpfungsträchtigen Services gelangt.

Natürlich, die Tageszeitung hat unter diesen Rahmenbedingungen eine ganz neue Rolle wahrzunehmen. Sie stellt in gewissen Bereichen eine Art Mantel für Beilagen dar. Diese Beilagen können wiederum Bindegliedfunktionen darstellen, spielerische Elemente beinhalten...Spass bereiten.

Die sich langfristig bietenden Optionen für innovative Konzepte im Bereich der Tageszeitungen stimmen hoffnungsfroh... deren Nutzenträchtigkeit lässt sich nachweisen... Aus dem Sonnenuntergangsprodukt Tageszeitung als Printversion taucht recht unverhofft lichte Morgenröte auf...


Aber auch hier gilt wohl wiederum... Eine gewisse Zurückhaltung meinerseits in der Vergangenheit war der Grund dafür war, dass viele Kunden im Rückblick mit meinen Leistungen derart zufrieden sind. Dieses Rezept gilt es wohl auch wieder für die Perspektiven einer neuen Generation von 3-D-Technologien anzuwenden... Diese Erkenntnis werde ich in die von mir zu erstellenden Dokumentationen über die Ergebnisse des Workshop einfliessen lassen...